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Baclofen (Lioresal®)

Baclofen ist ein GABA B-Rezeptor-Agonist mit einem geringen hepatischen Metabolismus. Zugelassen ist Baclofen für die Behandlung von muskulärer Spastizität bei Multipler Sklerose aber nicht für die Indikation Alkoholabhängigkeit.

Wenn das Medikament dennoch unter Menschen mit Alkoholproblemen populär geworden ist, dann wegen des französischen Arztes Olivier Ameisen, der selbst alkoholkrank war. Durch Zufall erfuhr er, dass die Substanz Baclofen das Verlangen, Alkohol zu trinken, mindern kann. Nach eigenen Recherchen beschloss er 2004, das Medikament selbst einzunehmen. Die Dosierung und seinen Zustand protokollierte Ameisen dabei täglich. Bei einer Dosis von 270 mg verspürte er kein Verlangen mehr nach Alkohol. Diese Menge liegt allerdings deutlich über der vom Hersteller empfohlenen Höchstdosis von 80 mg / Tag. Die Eigenbehandlung führte bei Herrn Ameisen zu einer weitgehend stabilen Alkoholabstinenz. Gelegentlich trank der im Jahr 2013 Verstorbene Alkohol in geringen Mengen.

Insgesamt ist Baclofen ein Medikament über das insbesondere in französischen Patientenforen viel diskutiert und eine solche Behandlung auch immer wieder empfohlen wurde. In randomisierten klinischen Studien konnte kein Wirkungsnachweis für schwer alkoholabhängige Menschen gefunden werden.
Wichtigste Nebenwirkungen sind

  • sehr häufig
    • Sedierung und Schläfrigkeit (10,2%)
    • Übelkeit (10,9%)
  • häufig
    • Benommenheit, Mattigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Ataxie
    • Tremor, Mundtrockenheit, Magen-Darmstörungen, Brechreiz, Erbrechen
    • Verstopfung, Diarrhö

Eine Herabsetzung der Krampfschwelle und Anfälle sind insbesondere bei Epilepsiepatienten möglich.

Während der Behandlung mit Baclofen kann die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Strassenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen erheblich beeinträchtigt sein.

Diese Behandlungsoption wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Sollte diese Medikation dennoch angewendet werden, handelt es sich um eine Off-Label-Use Behandlung. Eine schriftliche Aufklärung und eine unterschriebene Einverständniserklärung für eine Behandlung mit einer Höchstdosis von max. 80 mg / Tagwerden deshalb dringlich empfohlen.

Kosten (werden in der Regel nicht von der Krankenversicherung übernommen). Tagestherapiekosten von 2.95 CHF bei von der Herstellerin empfohlener Höchstdosis von 80 mg (Stand 11/19).

Entscheidungen von Swissmedic (Schweiz) und AMM (Frankreich)

  • In der Schweiz lässt Swissmedic Baclofen noch immer nicht für die Behandlung der Alkoholabhängigkeit zu
  • Novartis, Herstellerin von Baclofen, möchte keine Ausweitung seines Anwendungsgebiets bei Swissmedic beantragen
  • In der Zwischenzeit wird Baclofen nicht für den First-Line-Gebrauch empfohlen und sollte nur unter strenger Überwachung verwendet werden

 

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