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Strassenverkehr: Alkohol

  • Mit der Revision des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) 2005 kam es zu einer Senkung der noch tolerierten Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,80 Gew.‰ auf 0,50 Gew.‰. Dies erfolgte nicht nur im Hinblick auf eine Anpassung an EU-Bestimmungen. Wesentliches Argument dabei war eine messbare Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, namentlich der sogenannten Leistungsreserve, bei bereits relativ geringen BAK-Werten. Dementsprechend findet z.B. im Art. 14 SVG der Begriff der Leistungsfähigkeit als wesentlicher Faktor für eine Erteilung des Führerausweises respektive Lernfahrausweises Verwendung.
  • Nach einem FiaZ-Ereignis („Fahren in angetrunkenem Zustand“) sieht sich die betroffene Person mit einem Strafverfahren, welches zu einer Busse, Freiheits- oder Geldstrafe und/oder Therapiemassnahme sowie einem Administrativmassnahmeverfahren, welches über Art und Dauer des Führerausweisentzuges entscheidet, konfrontiert.
  • Stellt sich dabei für die Administrativbehörde (Strassenverkehrsamt) die Frage nach einer Alkoholproblematik, kann eine verkehrsmedizinische Fahreignungsuntersuchung angeordnet werden.
  • Im Rahmen von Via sicura (Umsetzung ab 01.07.2014) soll jedes FiaZ-Ereignis mit mehr als 1.60 Gew.‰ einer verkehrsmedizinischen Fahreignungs-Abklärung zugeführt werden. Weiterhin erfolgt u.a. bei jedem 3. FiaZ-Ereignis innerhalb von 10 Jahren eine verkehrsmedizinische Untersuchung (gemäss dem im Jahr 2000 durch die Expertengruppe Verkehrssicherheit formulierten Leitfaden für die Administrativ-, Justiz- und Polizeibehörden "Verdachtsgründe fehlender Fahreignung, Massnahmen, Wiederherstellung der Fahreignung").
  • Gemäss SVG Art. 16a stellt ein FiaZ-Ereignis mit einer nicht qualifizierten BAK, das heisst BAK zwischen 0,50 bis 0,79 Gew.‰, eine leichte Widerhandlung dar. Dies zieht zumindest eine Verwarnung nach sich. Von einem FiaZ mit einer qualifizierten BAK wird bei einer BAK von über 0,80 Gew.‰ gesprochen. Hier erfolgt, ebenso wie auch bei einem Fahren unter Betäubungs- oder Arzneimitteleinfluss, wegen einer schweren Widerhandlung ein Führerausweisentzug für mindestens 3 Monate. Mit der SVG-Revision wurde ein Kaskadensystem eingeführt, das im Wiederholungsfall u. U. lange Führerausweisentzüge vorsieht.
  • Wird eine verkehrsmedizinische Fahreignungsbegutachtung angeordnet, stellt sich die Frage nach einer verkehrsrelevanten Alkoholproblematik (Missbrauch oder Abhängigkeit). Darüber hinaus kann auch eine verkehrspsychologische Abklärung zur charakterlichen Eignung, d.h. der weiteren Prognose und der Einsichtsfähigkeit notwendig werden (Frage insbesondere bzgl. FiaZ-Rückfallrisiko). Wird die Fahreignung befürwortet, können - neben einem befristeten Führerausweisentzug (sog. Warnungsentzug) - ggf. problementsprechende Auflagen empfohlen und durch das Strassenverkehrsamt angeordnet werden. Wird die Fahreignung verneint, erfolgt ein sogenannter Sicherungsentzug, der zeitlich unbefristet ist und im Zusammenhang mit einer Suchtmittelproblematik einen längeren Abstinenz-/Therapienachweis (in der Regel mind. 6 bzw. 12 Monate) beinhaltet. Eine Führerausweiswiedererteilung ist dann gewöhnlich mit der Auflage einer Fortsetzung der Therapiemassnahme verbunden.
  • Informationen für Betroffene:

Biologische Marker zur Kontrolle bzw. zum Nachweis einer dauerhaften Alkohol-Abstinenz

  • Zu den biologischen Alkoholismus-Markern zählen das Carbohydrate Deficient Transferrin (CDT), die Gamma-Glutamyl-Transferase (γ-GT), die Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT [auch: ASAT]), die Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT [auch: ALAT]), das mittlere Zellvolumen der Erythrozyten (MCV) und das Ethylglucuronid (EtG).
  • Das EtG ist ein Stoffwechselprodukt vom Ethanol und stellt jenen Marker mit der höchsten Sensitivität und Spezifität dar. Es bildet sich nur nach Alkoholkonsum und kann im Blut, Urin und in den Haaren nachgewiesen werden. Der Nachweis belegt also eine Alkoholaufnahme.
  • Die Bestimmung des Ethylglucuronids in den Haaren ist mittlerweile in der Fahreignungs-Begutachtung ein fest etabliertes Verfahren zur Beurteilung des Konsumverhaltens oder einer Abstinenz (vgl. Nachweisbarkeit Alkohol).
  • Bei Kontrolle einer Alkohol-Abstinenz wird alle 6 Monate eine EtG-Bestimmung im Haar vorgenommen.
  • EtG-Resultate unter 7 pg/mg gelten derzeit als mit einer hinreichenden Abstinenz vereinbar. Werte von über 30 pg/mg sprechen für einen Alkoholüberkonsum1.
  • Phosphatidylethanol (PEth) umfasst eine Gruppe von Phospholipiden. Sie werden in Zellmembranen aus Phosphatidylcholin nur in Gegenwart von Alkohol gebildet. Untersuchungsmaterial ist kapilläres Blut, Vollblut oder getrocknetes Blut. Daher kann PEth als direkter Biomarker für das Screening des jüngsten Alkoholkonsums verwendet werden und ist 30 Minuten nach Trinkbeginn nachweisbar. PEth ist noch 2- 3 Wochen nach Beendigung des Trinkens im Blut messbar. Ein einziges Alkoholkonsumereignis führt nicht zu nachweisbaren Mengen an PEth.

Für weiterführende Informationen verweisen wir sie auf das Strassenverkehrsamt Ihres Kantons und einen Artikel von Dr. med. Bruno Liniger, Facharzt Rechtsmedizin, Verkehrsmediziner SGRM, Institut für Rechtsmedizin St. Gallen im Jahrbuch zum Strassenverkehrsrecht 2020: "Alkohol-, Drogen- und Medikamenten-Problematik: Verkehrsmedizinische Auflagen im Wandel"


1Arbeitsgruppe Haaranalytik der Schweizer Gesellschaft für Rechtsmedizin: Bestimmung von Ethylglucuronid (EtG) in Haarproben Version 2017, inkl. zusätzliche Literaturverweise


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