Sprache auswählen

header praxis suchtmedizin1200

Stationärer Entzug

Betroffene sollten für einen stationären Entzug motiviert werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (ansonsten kann auch eine ambulante Entzugsbehandlung vorgeschlagen werden):

  • Hohes Risiko für schwere Entzugssymptome oder Entzugskomplikationen, z.B.
    • Entzugsanfall und/oder Entzugsdelir in der Vorgeschichte
    • Schwere oder multiple somatische Begleit- oder Folgeerkrankungen, z.B. ausgeprägte Organschäden, akute Infektionen, schlecht eingestellter Diabetes mellitus, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen, Vorschädigungen des Herzens, reduzierter Allgemeinzustand
    • Schwere psychische Begleit- und/oder Folgestörungen, z.B. Demenz, Depressionen, Psychosen, Suizidalität (s. Komorbiditäten)
  • schlechte Rahmenbedingungen für einen ambulanten Entzug, z.B. 
    • Abwesenheit eines unterstützenden sozialen Netzwerkes
    • Belastungen und/oder Konflikte in der unmittelbaren sozialen Umgebung bzw. am Wohnort
    • Fehlende bzw. schlecht erreichbare ambulante Therapieangebote in der Region
  • Komplikationen bei ambulantem Entzug, z.B. schwere bzw. eskalierende Entzugssymptome, akute Intoxikationen, beginnendes Delir 
  • Mehrfachabhängigkeiten bzw. positives Drogenscreening für weitere psychotrope Substanzen, insbesondere Benzodiazepine, illegale Substanzen
  • Während der Schwangerschaft (Entzug vorzugsweise vor dem dritten Trimester)
  • Jugendliche und junge Erwachsene mit Alkoholentzugserscheinungen
  • Wird ein stationärer Entzug geplant, lohnt sich ein frühzeitiger Kontakt zur Suchtfachstelle oder zu einem Suchtambulatorium, die bei der Suche nach geeigneten Institutionen und den Anmeldeformalitäten helfen können
  • Die meisten internistischen Spitalabteilungen führen rein somatische Entzugsbehandlungen durch; durch die Möglichkeit einer intensivmedizinischen Betreuung können auch komplizierte Entzugsbehandlungen, z.B. beim Delir, durchgeführt werden
  • Häufig ist es einfacher einen Betroffenen erstmalig zu einem stationären Entzug in einem somatischen Spital zu motiviere
  • Qualifizierte Entzugsbehandlungen über 4 bis 6 Wochen werden von Spezialstationen der psychiatrischen Kliniken sowie von Suchtfachkliniken angeboten; die Erfolgsquoten nach einer qualifizierten Entzugsbehandlung sind gegenüber rein körperlichen Entgiftungen in somatischen Spitälern deutlich besser
  • Spezialstationen für qualifizierte Entzugsbehandlungen zeichnen sich durch eine gute Vernetzung mit Ambulatorien, Tageskliniken, Beratungsstellen, Rehabilitationseinrichtungen und weiteren stationären Versorgungseinrichtungen aus; dies ist entscheidend für eine individuelle und angemessene Planung der weiteren Therapie
  • Die Entzugsbehandlung umfasst
    • Die Behandlung des akuten Alkoholentzugssyndrom
    • Die (häufig mehrere Wochen andauernden) Wiederherstellung neuropsychologischer und kognitiver Fähigkeiten und
    • Die Förderung einer emotionalen Stabilität
    • Die Behandlung komorbider und körperlicher Erkrankungen; zudem muss sie der häufig auftretenden psychosozialen Krisensituationen Rechnung tragen

Wie geht’s weiter nach Abschluss der Entzugsbehandlung?

  • Viele Betroffene sind stolz, diesen wichtigen Schritt geschafft zu haben; sie sollten einerseits darin bestärkt werden andererseits ist es wichtig, bereits vor dem Entzugsbeginn darauf hinzuweisen, dass weitere Behandlungsschritte notwendig sind, um den ersten Erfolg auch zu sichern (Entwöhnung/Langzeittherapie)
  • Die Inanspruchnahme einer weiterführenden Behandlung in einer Suchtfachstelle und ggf. einer Selbsthilfegruppe ist sinnvoll, da die Vermittlung von Techniken zum Umgang mit der Abhängigkeitserkrankung (Craving, Alternativen der Stressreduktion, Erkennen von Rückfallsituationen und Erlernen von alternativen Lösungsstrategien, etc.), häufig die Möglichkeiten des Praxisalltages sprengen
  • Zu diskutieren sind medikamentöse Unterstützungshilfen für die Zeit nach dem körperlichen Entzug